Digital, dezentral – und teuer: Der Ökumenische Kirchentag Frankfurt 2021
Vom 13. bis 16. Mai 2021 fand in Frankfurt am Main der 3. Ökumenische Kirchentag statt – unter völlig anderen Vorzeichen als geplant. Die Corona-Pandemie zwang die Veranstalter zu einem radikalen Kurswechsel: Statt einer Großveranstaltung mit über 100.000 erwarteten Teilnehmern wurde der Kirchentag „digital und dezentral“ durchgeführt. Die Kunstaktion „11. Gebot“ war dennoch vor Ort auf dem Römerberg – und kritisierte eine paradoxe Finanzierung.
Die Vorgeschichte begann 2018: Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung bewilligte am 22. März einen Barzuschuss von 3,9 Millionen Euro plus unentgeltliche Sach- und Dienstleistungen im Wert von bis zu einer Million Euro – insgesamt also knapp 5 Millionen Euro. Das hochverschuldete Frankfurt mit massiven Einsparungen in wichtigen Bereichen investierte damit Millionen in ein religiöses Großevent. Die Stadt hatte zwischen 2012 und 2018 bereits Schulden in Höhe von 1,6 auf 2,7 Milliarden Euro anwachsen sehen.
Dazu kamen 2,5 Millionen Euro vom Land Hessen und rund 2,5 Millionen vom Bund – insgesamt 10,4 Millionen Euro aus Steuergeldern bei ursprünglich veranschlagten Gesamtkosten von 26 Millionen Euro.
Dann kam Corona. Der Kirchentag konnte keine Tickets mehr verkaufen, wurde zur reinen Online-Veranstaltung. Rund 100 digitale Veranstaltungen wurden aus Frankfurt gesendet, begleitet von etwa 400 dezentralen Aktionen in ganz Deutschland. Die digitale Teilnahme war kostenlos. Die Gesamtkosten sanken auf 20 Millionen Euro – aber die öffentlichen Zuschüsse blieben bei 10,4 Millionen Euro.
Das Ergebnis war paradox: Weil der Kirchentag keine Einnahmen aus Ticketverkäufen und Sponsoring mehr erzielte, stieg die Staatsquote dramatisch auf 52 Prozent – mehr als die Hälfte wurde vom Steuerzahler finanziert. Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) erklärte stolz: „Die Stadt Frankfurt am Main steht zu ihrem Wort und wird den geplanten Kirchentag wie vereinbart tatkräftig unterstützen.“
Die Kunstaktion „11. Gebot“ wies auf die Absurdität hin: Bundesweit wurden hunderte öffentlich subventionierte Veranstaltungen pandemiebedingt abgesagt – dies wurde als Notwendigkeit verstanden, nicht als „Wortbruch“. Aber für den Kirchentag flossen die Millionen trotz digitaler Durchführung und fehlender Publikumseinnahmen weiter.
Am Ende verkündeten die Organisatoren zufrieden, dass sich rund 160.000 Menschen an den digitalen Angeboten beteiligt hätten. Moses auf dem Römerberg stellte die unbequeme Frage: Warum bezahlt die Allgemeinheit über 10 Millionen Euro für eine digitale Veranstaltung, die man kostenfrei im Internet verfolgen konnte – während die reichen Kirchen selbst kaum noch zur Finanzierung beitrugen?
Der Ökumenische Kirchentag 2021 wurde zum Symbol für ein dysfunktionales System: Je weniger die Kirchen selbst zahlten, desto mehr musste der Staat einspringen – Corona als willkommene Ausrede für eine noch höhere Staatsquote.
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