Unbeantwortete Fragen in Erfurt: Der Katholikentag 2024
Vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 fand in Erfurt der 103. Deutsche Katholikentag unter dem Motto „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ statt – und die Kunstaktion „11. Gebot“ war mit einem unbequemen Fragenkatalog vor Ort. Moses verkündete sein 11. Gebot auf dem Erfurter Anger, begleitet von den bekannten Skulpturen des „Hängemattenbischofs“ und des „Geldhamsters“, die auf einen doppelten Skandal hinwiesen.
Die Vorgeschichte war langwierig: Bereits 2018 hatte die Kunstaktion gegen die Bewerbung Erfurts protestiert und einen offenen Brief an die Stadtratsmitglieder geschickt. Der Stadtrat musste dreimal über den Zuschuss abstimmen. Ursprünglich hatte Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) 1,2 Millionen Euro beantragt – eine Summe, die keine Mehrheit fand. Nach zwei Vertagungen einigte man sich schließlich im September 2018 auf einen Kompromiss: Die Stadt würde bis zu 600.000 Euro beisteuern, wenn das Bistum Erfurt mindestens den gleichen Betrag bezahle.
Am Ende flossen 2,3 Millionen Euro Steuergeld in den Katholikentag: 600.000 Euro von der Stadt Erfurt, rund 1,3 Millionen vom Land Thüringen (dessen Ministerpräsident Bodo Ramelow die Förderung angekündigt hatte) und vermutlich 400.000-500.000 Euro vom Bund. Bei Gesamtkosten von 7,1 Millionen Euro lag die Staatsquote bei 32,4 Prozent – während die katholische Kirche selbst erstmals über zwei Drittel der Kosten trug.
Das Besondere in Erfurt: Die Kunstaktion „11. Gebot“ stellte dem Veranstalter im Mai 2024 einen detaillierten Fragenkatalog mit acht Fragen. Es ging um grundsätzliche Punkte: Wie konnte der Trägerverein als angeblich unabhängiger Verein gelten, obwohl er faktisch eine hundertprozentige Tochter der katholischen Kirche ist? Warum nimmt der Katholikentag trotz der Ankündigung von 2022, „kleiner werden“ zu müssen, erneut riesige Flächen in Anspruch? Wie rechtfertigt sich die Subventionierung angesichts der gesellschaftlichen Realität? Warum ist die Missbrauchsthematik im Programm so unterrepräsentiert?
Die Antwort des Katholikentags: Schweigen. Bis heute – über ein halbes Jahr später – hat der Veranstalter auf keine einzige der acht Fragen reagiert.
Auch vor Ort gab es Schwierigkeiten: Alle drei Alternativstandorte, die das Protestbündnis vorgeschlagen hatte, wurden von der Stadt abgelehnt. Die zur Verfügung gestellte Versammlungsfläche wurde um mehr als 50 Prozent im Vergleich zur Anmeldung verkleinert. Dennoch blieb Moses vom Mittwoch bis Samstag täglich von 10 bis 20 Uhr auf dem Erfurter Anger präsent.
Der Katholikentag in Erfurt zeigte exemplarisch: Selbst wenn Städte den Zuschuss reduzieren, bleiben Millionen an Steuergeldern für ein religiöses Event, das in Erfurt in einer Region stattfand, wo Christen eine verschwindende Minderheit darstellen. Und die drängenden Fragen zur Legitimation dieser Praxis – sie bleiben unbeantwortet.
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