Aktionsbündnis 11. Gebot

Der Nackte Luther

Im Jahr des Reformationsjubiläums 2017 haben wir dem Protest ein weiteres starkes Gesicht verliehen: Die Kunstaktion „Der Nackte Luther“ ist ein Projekt des Aktionsteams vom 11. Gebot in Zusammenarbeit mit der Giordano-Bruno-Stiftung. Die überlebensgroße, nackte Luther-Figur steht für einen ungeschönten Blick auf den Reformator und wurde erstmalig zum 500-jährigen Reformationsjubiläum im Rahmen der Luther-Dekade im Jahr 2017 in Berlin gezeigt und direkt am zweiten Tag verboten.

Im Zentrum der Kunstaktion steht die über vier Meter hohe Plastik des Schreinermeisters und Aktionskünstlers David Farago einer Figur mit geöffnetem Mantel, die Martin Luther in entblößter Haltung zeigt. Auf der Innenseite des Mantels ist das folgende Zitat des Philosophen Karl Jaspers dargestellt:

„Luthers Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau ausgeführt.“

Karl Jaspers 1962

Auf der Rückseite des Mantels steht:

„Sieben Maßnahmen gegen die Juden:

  1. Verbrennen ihrer Synagogen
  2. Zerstörung ihrer Häuser
  3. Wegnahme ihrer religiösen Bücher
  4. Lehrverbot für Rabbiner
  5. Aufhebung der Wegefreiheit
  6. Zwangsenteignung
  7. Zwangsarbeit
Zitiert aus: Von den Juden und ihren Lügen, Martin Luther 1543“

Zum Start haben wir 2019 erklärt, dass die Kunstaktion zum 500-jährigen Reformationsjubiläum im Rahmen der Luther-Dekade eine aufklärerische Absicht für die Öffentlichkeit haben und dass die Evangelische Kirche in Deutschland sich „vom unkritischen Personenkult um den Reformator“ verabschieden und „den Beitrag des christlichen Judenhasses zum Holocaust“ aufarbeiten soll.

Aktions-Geschicht der Skulptur DER NACKTE LUTHER

Die Kunstaktion wurde erstmalig zum Reformationsjubiläum 2017 zu Beginn des 36. Evangelischen Kirchentags im Mai 2017 in Berlin und Wittenberg, im gleichen Jahr auf verschiedenen Kirchentagen auf dem Weg und nochmals in der Lutherstadt Wittenberg am 500. Reformationstag am 31. Oktober 2017 gezeigt.

In Berlin wurden die Initiatoren wegen Volksverhetzung angezeigt und von der Polizei mit einem berlinweit ausgesprochenen Aufstellverbot belegt. Die Ermittlungen wurden eingestellt, das Aufstellverbot von der Polizei als Fehler bezeichnet und nach einem Tag aufgehoben.

In Wittenberg verwehrte die Polizei den Zugang zu einer angemeldeten Demonstration. Das Institut für Weltanschauungsrecht wies auf den Umstand hin, dass der Veranstalter des Reformationsjubiläums laut einer Polizistenaussage („die‚ da oben“) ungeachtet der amtlichen Versammlungsanmeldung vor unliebsamer Kritik geschützt werden sollte. Es seien in dem Moment des behördlichen Handelns nicht korrigierbare Fakten geschaffen worden. Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit stellte das Verwaltungsgericht Halle 2021 fest, dass das Handeln der Polizei das Grundrecht der Versammlungsfreiheit eingeschränkt hatte und rechtswidrig gewesen war.

Im September 2017 reiste der Nackte Luther nach Trier, um gegen die Umbenennung des Vorplatzes der Konstantin-Basilika zu demonstrieren.
Am 29. Oktober war die Skulptur zu den dunklen Seiten von Luther in Berlin vor der damaligen Mercedes-Benz-Arena zu sehen, in dem ein Luther Pop-Oratorium“ aufgeführt wurde. In einer Warteschlange der gut elftausend Besucher vor dem Eingang konnten sie sich beide Seiten der Figur ausreichend lange ansehen und trugen die dunklenen Seiten des gefeierten Reformators als Gesprächsthema in die Veranstaltung. Vom 02. bis 05. November reiste die knapp 4 Meter hohe Statue des Reformators in diesen Tagen stattgefundenen Internationalen Denkfest 2017 auf Einladung der Freidenker Vereinigung der Schweiz nach Zürich und sorgte dort für viel Aufregung.

Anfang 2018 reiste die Kunstaktion in den vier norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein und wurde vor den Landesparlamenten auf öffentlichen Plätzen aufgebaut. Anlass war die Debatte um die Einführung des Reformationstages als gesetzlichen Feiertag zum 31. Oktober 2018.

Im April 2018 stand die Skulptur als Protest-Aktion in Heidelberg, um gegen die Feierlichkeiten anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der „Heidelberger Disputation“ zu protestieren und an die dunklen Seiten Martin Luthers erinnern.

Zum zweiten Mal in diesem Jahr stand der Nackte Luther am 31. Oktober zur Einführung des neuen Feiertags demonstrierend vor der Marktkirche in Hannover, in der Landesbischof Meister den Reformationstag mit seiner Gemeinde feierte.

Im Jahr 2023 wurde die Kunstaktion beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg aufgestellt. Die Initiatoren erklärten, Luther reise damit zum „Tatort“. Denn es sei die Stadt der Nürnberger Gesetze und auch die Stadt des NSDAP-Gauleiters und des Herausgebers der antisemitischen NS-Wochenzeitung Der Stürmer, Julius Streicher. Streicher hatte als Angeklagter beim Nürnberger Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher ausgesagt, dass Martin Luther neben ihm auf der Anklagebank sitzen müsste, da die antisemitische Propaganda des Stürmers wesentlich auf Luthers Schrift Von den Juden und ihren Lügen zurückgehe.

2025 zum Jubiläum „11. Geburtstag vom 11. Gebot“ war der Nackte Luther mit seinem Freund Moses und einer Kirchenaustritts-Beratungsstelle als Religionsfreie Zone auf dem Kirchentag in Hannover. Mit dabei war diesmal die Ausstellung der Betroffeneninitiative Hildesheim inklusive einem Infostand. Bei den Abbauarbeiten am letzten Tag schaffte es ein verwirrter Mann nach zwei mutwilligen halbherzigen beim dritten Versuch den schon zerlegten und auf zwei Rollwägen liegenden Luther-Körper in die Höhe zu reißen und auf den Boden zu werfen. Dabei entstand ein vierstelliger Sachschaden an der Figur, eine Anzeige gegen den Straftäter wurde wegen fehlenden Erfolgsaussichten des Täters aus Schuldunfähigkeit und nicht vorhandener Chance auf Entschädigunszahlung fallen gelassen.

Der Nackte Luther