Hintergrund zu den Kirchentagen
Die folgenden Angaben sind dem "Violettbuch Kirchenfinanzen" von Dr. Carsten Frerk sowie den in der Rubrik "Subventionen" unterhalb der Diagramme angegebenen Quellen entnommen.
Alle zwei Jahre findet ein "evangelischer Kirchentag" und zeitlich versetzt dazu alle zwei Jahre ein "Katholikentag" statt, also jedes Jahr ein "Kirchentag". Die Katholikentage ("katholische Kirchentage") sind gemeinsame Veranstaltungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (dem Dachverband der katholischen Laienorganisation) und des Bistums, in dem der Katholikentag stattfindet. Rechtsträger ist ein jeweils eigens gegründeter Verein.
In manchen Jahren gibt es statt eines evangelischen oder katholischen Kirchentags einen ökumenischen Kirchentag. Es gab bisher zwei gemeinsame Ökumenische Kirchentage (ÖKT), von denen das hoch verschuldete Land Berlin 1,8 Mio Euro bezahlte. 5,6 Mio Euro kamen von der landeseigenen Klassenlotterie, das Bundesministerium des Innern steuerte 1,5 Mio Euro bei und das Land Brandenburg 120.000 Euro. Insgesamt also 9,02 Mio Euro aus Steuergeldern oder 50% der Kosten. Der zweite ÖKT war noch aufwändiger. Von den 26 Mio Euro der Kosten übernahm das Land Bayern 5 Mio Euro, was rund 20% entspricht.
Die Fünf-Tage Veranstaltungen kosten jeweils zwischen 8 und 26 Mio Euro. Ein gutes Drittel bis die Hälfte davon wird aus staatlichen Steuergeldern finanziert, also zwischen 3 und 10 Mio Euro. Im Schnitt 7 Mio Euro pro Jahr.
Bundeszuschüsse
Die Bundesrepublik Deutschland zahlt jedes Jahr einen laufenden Zuschuss von 400.000 bis 500.000 Euro zu den Kosten der Vorbereitungskomitees. 2009 wurden sogar 955.000 Euro in den Bundeshaushalt eingestellt, da 2010 ein doppelter, ökumenischer Kirchentag in München bevorstand.
Diese Zuschüsse sind eigentlich verwunderlich, denn Kirchen sind keine Zuständigkeit des Bundes. Aber wer soll die Vorbereitungskomitees, die zudem nicht zur verfassten Kirche gehörten, denn sonst bezahlen? Die Kirchentagveranstalter sind klug genug, mit ihren Veranstaltungen und den staatlichen Zuschüssen durch die Bundesländer zu wandern. Nur die laufenden Kosten konnte man keinem Bundesland dauerhaft aufnötigen und so war und ist jedes Jahr der Bund dran.
Zuschüsse der Länder und Kommunen
Darüber hinaus winken auch Länder und Kommunen (mit der Stadt Münster als positive Ausnahme) alljährlich Förderanträge der reichen Kirchen in Millionenhöhe durch. Eine detaillierte Auflistung des Anteils der kirchlichen Gelder und Steuergelder an der Finanzierung der Kirchentage der letzten 10 Jahre zeigt untenstehendes Diagramm:
Die derzeitige Subventionspraxis ist verfassungswidrig.
Ein Betrag von ca. 7 Mio Euro im Jahr ist zwar nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der rund 19 Milliarden Euro*) an steuerfinanzierten Subventionen, die jährlich an die beiden Großkirchen und ihre Einrichtungen (ohne Caritas und Diakonie) fließen. Doch zeigt sich hier exemplarisch sehr klar, dass das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Gleichbehandlung aller Menschen durch den Staat unabhängig von ihrer Religion (Art. 3 GG) in Deutschland regelmäßig durch Bund, Länder und Kommunen verletzt wird.
Es ist nicht einsehbar, warum Andersgläubige und Konfessionsfreie regelmäßig zur Kasse gebeten werden, um kirchliche Großveranstaltungen mitzufinanzieren. Gerade bei Konfessionsfreien handelt es sich oftmals um Menschen, die ihre Kirche bewusst verlassen haben, weil sie die Positionen der Kirchen ablehnen (man denke nur an die Haltung der christlichen Kirchen zu Abtreibung, aktiver Sterbehilfe, Homosexualität, Wiederverheiratung Geschiedener etc.). Es kann nicht angehen, dass der gesellschaftsliberale und kirchenferne Teil der Bevölkerung regelmäßig gezwungen ist, die PR-Veranstaltungen des politischen Gegners auch noch mit den eigenen Steuergeldern zu unterstützen!
Profitiert nicht die Wirtschaft?
Oft wird zur Rechtfertigung der immensen Subventionen auf die Belebung der regionalen Wirtschaft hingewiesen. Doch sogar wenn man unterstellt, dass ein Kirchentag etwa dem Hotel- und Gaststädtengewerbe kurzfristig Mehreinnahmen beschert, rechtfertigt dies in keinem Fall die derzeitigen umfangreichen staatlichen Zuwendungen an einzelne Religionsgemeinschaften. Warum dann nicht gleich mit Millionenbeträgen die Parteitage von CDU/CSU subventionieren, so dass diese als medienwirksame Großveranstaltung inszeniert werden können, während SPD, Grüne und Linke keine Zuwendungen erhalten? Eine solche einseitige steuerfinanzierte Subventionierung einzelner politischer Parteien wäre offensichtlich undemokratisch, verfassungswidrig und absurd. Nichts anderes ist die derzeitige Praxis bei der Finanzierung der Kirchentage.
Es macht einen erheblichen Unterschied, ob der Staat mit Steuergeldern ein weltanschaulich und politisch neutrales Ereignis (z.B. eine Sport- oder Musikveranstaltung) unterstützt um die regionale Wirtschaft anzukurbeln, oder eine bestimmte politische oder religiöse Gruppe mit ihren Partikularinteressen.
Wir fordern das sofortige Ende der staatlichen Subventionierung religiöser Veranstaltungen wie etwa der jährlichen Kirchentage. Nur so kann sichergestellt werden, dass verschiedene Weltanschauungen unter fairen und gleichberechtigten Bedingungen für ihre politischen Ziele werben können.
Flyer zur Aktion "11. Gebot" in Regensburg:
Unabhängig davon, ob er oder sie Kirchenmitglied ist oder nicht, zahlt der Steuerzahler mehr als ein Drittel der jährlich im Mittel etwa 7 Millionen Euro an Subventionen für die evangelischen Kirchentage bzw. Katholikentage (eine detaillierte Auflistung findet sich unter "Subventionen") .